Schiefer bzw. asymmetrischer Huf

Wird ein Huf während der Standbeinphase schief belastet, erfolgt ein ungleichmässiger Hornabrieb an der Innen- und an der Aussenwand. Hält diese Situation über längere Zeit an, verformt sich infolge der ungleichmässigen Belastung der gesamte Huf je länger desto mehr.

Hufmechanismus und physikalische Gesetze am Huf

Bei ungleichmässigem Hornabrieb kürzt sich eine Seitenwand wesentlich schneller als die andere. Die weniger belastete Seitenwand wird überlang und verbiegt sich in der Folge nach aussen bzw. „pendelt“ bei jedem Schritt nach aussen hin weg. Je mehr die schräg zum Boden stehende Seitenwand nach aussen hin wegpendelt, umso mehr verliert diese auch an Bodenhöhe (Distanz vom Boden bis zum Kronrand). Durch das Wegpendeln der schrägen Seitenwand verbreitert sich die Blättchenschicht und bietet dort Einlass für Fäulnisbakterien.
Die mehrbelastete Seite wird steil und „schiebt“ bzw. staucht mit der Zeit nach oben (die Bodenhöhe verlängert bzw.  vergrössert sich). Da in diesem Wandabschnitt keine Hufmechanik nach aussen hin mehr stattfinden kann, ist die Wand grossen vertikalen Scherkräften ausgesetzt. In der Folge kann sich eine hohle Wand bilden und/oder der Tragrand aufspreisseln.
Die Hufwand bietet nun Einlass für Fäulnisbakterien, zudem können in der eröffneten Hufwand Steinchen eingetreten werden.

Wie fühlt sich ein schiefer Huf für das Pferd an?

Die wegpendelnde Seitenwand zieht einerseits an der darunterliegenden Wandlederhaut sowie an den Terminalpapillen in diesem Bereich und quetscht andererseits die Kronlederhaut. Um diesem unangenehmen Effekt auszuweichen, stellt sich das Pferd noch mehr auf die bereits steile bzw. überbelastete Seitenwand. Im fortgeschrittenen Stadium kann ggf. beobachtet werden, dass das Pferd den Huf nach innen bzw. nach aussen stellt, um eine gewisse Entlastung zu erfahren.

Langfristige Entwicklung

Wird dieser Entwicklung nicht mit geeigneten Massanahmen entgegengewirkt, verstärkt sich mit der Zeit die Schiefe des Hufes. Das Gewicht verlagert sich je länger je mehr auf die mehrbelastete Seite. Die weniger belastete Seitenwand wird je länger desto schräger, währenddessen die überbelastete Seitenwand übersteil (nach innen gebogen) werden kann.

Da nicht nur ein ungleichmässiger Abrieb vorliegt, sondern der Huf sich infolge der ungleichmässigen Belastung als Ganzes mehr oder weniger verformt, kann durch einseitiges Kürzen der zu langen Wand i.d.R. keine nachhaltige Verbesserung der Hufsituation erreicht werden.

Durch das so erreichte Abkippen des Hufes sieht dieser zwar optisch gesehen im Moment etwas gleichmässiger bzw. symmetrischer aus, da damit den Ursachen nicht entgegengewirkt wird, nimmt das Pferd jedoch immer noch eine Schonhaltung ein und belastet den Huf im Laufe des Bearbeitungsintervalls erneut je länger desto schiefer.

(c) 2017 - Françoise Rickli